Wie leicht ist es, auf dem Papier ein Philosoph zu sein, und wie schwer im Leben. (Anton Tschechow)
Philosophie ist eine schöne Herausforderung; und philosophische Erkenntnisse sind manchmal auch in der Psychotherapie von Nutzen. „Philosophie“ im Kontext von Therapie meint allerdings meist etwas anderes: Es geht um die Haltung des Therapeuten. Meine diesbzügliche Philosophie beruht auf der Zuversicht: „Es gibt immer einen Weg!“ Auch wenn wir ihn noch nicht sehen. Oder wir erkennen ihn, aber sind noch nicht in der Lage, ihn zu gehen. Oder wir werden immer wieder zurückgeworfen.
Ich verstehe Therapie als Lernprozess: Erkennen, Verstehen, Verändern, Neues erleben und wagen. Häufig geht es darum, unser Leben zu ändern, nachdem wir es uns mit andern Augen angesehen haben. Das beinhaltet also zunächst, auf das zu schauen, was unangenehm ist, Schmerzen bereitet und Ängste auslöst. So viel kann ich hier verraten: Niemand kommt in Therapie, nur um etwas besser zu verstehen (sondern weil er/sie etwas im Leben anders haben will) – komischerweise erweckt aber die Psychotherapie oft den Eindruck, es wäre so.
„Was soll sich ändern?“ Das ist für mich die Leitfrage. Und sagen Sie jetzt nicht: „Ich will wieder glücklich werden …“ Was wollen Sie ändern? Sie sind der Experte für Ihr Leben, und letzten Endes soll Therapie ermöglichen, dass sie mehr Eigenverantwortung für das übernehmen können, was vor Ihnen liegt: das Leben mehr zu gestalten als zu erleiden. Ich sehe mich dabei nicht nur als derjenige, der alles irgendwie verstehen und mitfühlen kann, sondern als Dienstleister für andere Perspektiven und durchaus auch als Berater.
Therapeutisch begleitete Veränderung bedeutet: nicht alles alleine schaffen zu müssen. Sie bedeutet in den meisten Fällen nicht: alles anders machen. Oft geht es darum, die kleinen Schritte und Erfolge zu wertschätzen, die den alltäglich geworden Stress reduzieren. Momente der Achtsamkeit und Leichtigkeit zu ermöglichen und genießen – und so Vertrauen zu gewinnen in das andere Leben, das bereits begonnen hat bzw. in jedem Augenblick neu beginnt.
Einer der größeren Fehler von Therapeuten beruht auf dem Ehrgeiz, zu viel erreichen zu wollen. Insofern bin auch ich manchmal ein typischer Therapeut … 🙂 Einer der größten Fehler von Patientinnen und Patienten besteht darin, Bedingungen zu stellen, wann das bessere Leben in (meist vager) Zukunft beginnen könnte. Es beginnt jetzt! Fangen wir an. Wenn man es unbedingt ganz klassisch-philosophisch haben mag, könnte man diese Haltung als therapeutischen Existenzialismus bezeichnen.