B wie Bluthochdruck

Bluthochdruck ist ein schönes Beispiel, um Möglichkeiten und Grenzen der Naturheilkunde aufzuzeigen. Blutdrucksenkende Medikamente sollten nicht auf eigene Faust und schon gar nicht von jetzt auf gleich abgesetzt werden, sondern erst, wenn sich der Effekt der naturheilkundlichen Maßnahmen zeigt.

Eine der kürzesten Formeln für Naturheilkunde lautet „Ernährung, Bewegung, Entspannung“. Die unmittelbaren Effekte von z.B. regelmäßiger Bewegung, also Ausdauersport, scheinen wie bei allen anderen Maßnahmen auf den ersten Blick nicht umwerfend: 5 oder 10 mmHg Senkung kann man erreichen. Allerdings wirkt Bewegung umfassend, d.h. nicht nur auf den Blutdruck, und senkt insgesamt bei ständiger „Anwendung“ – dreimal pro Woche 45 Minuten sollten es schon sein – das Herz-Kreislauf-Risiko immens: Ausdauersportler haben ein um 50 % reduziertes Herzinfarktrisiko!

Wer sich dabei an der frischen Luft und unter der Sonne bewegt, tut sich doppelt Gutes, denn unter Sonneneinwirkung sinkt der Blutdruck. Dies hat zum einen vermutlich mit Vitamin D zu tun, aber auch mit Stickstoffmonooxid (NO). Durch Sonneneinstrahlung wird NO in der Haut mobilisiert, kleine Mengen gelangen ins Gefäßsystem und aktivieren ein Enzym, welches die Gefäßspannung reduziert.

Viele Patienten nehmen an, ihnen „fehle“ etwas, sei es ein Medikament oder ein Nahrungsergänzungsmittel. Therapeuten wissen, den meisten fehlt weniger etwas, sie haben vielmehr zu viel von etwas, z.B. zu viele Kilos. Ein Zauberwort in der Naturheilkunde heißt daher ganz oft „Reduktion“:

Gewichtsreduktion: Es besteht ein linearer Zusammenhang – jedes Kilo mehr hebt den Blutdruck, jedes Kilo weniger senkt ihn, nicht sofort, aber schon bald. Gleichzeitig mit der Gewichtsreduktion verbessern sich andere „Parameter“ bzw. Risikofaktoren (Blutzucker, Blutfett).

Salzreduktion: Wir benötigen nur 2-3 Gramm Salz/Tag, konsumieren aber 10-15 Gramm. Rund die Hälfte der Hypertonie-Patienten sind „salzsensitiv“, bei ihnen wirkt sich der Salzkonsum unmittelbar auf den Blutdruck aus. Auch den anderen 50 Prozent ist salzarme Kost anzuraten, denn viele Blutdruckmedikamente wirken dann effektiver.

Alkoholreduktion: Rund 10% der Hypertonien sind reine alkoholbedingte Hypertonien. Aber auch bei allen anderen Bluthochdruckpatienten ist der Alkoholkonsum unter die Lupe zu nehmen. Bei mehr als einem „Drink“ pro Tag (bzw. mehr als 2-3 x 1 Drink pro Woche) steigt der Blutdruck. Nebenbei bemerkt: Alkohol ist häufig eine maßgebliche Ursache für Übergewicht und schlechte Blutfettwerte.

Medikamentenreduktion (sofern möglich!): Schmerzmittel wie Diclofenac, Voltaren, Ibuprofen und Paracetamol begünstigen bei dauerhafter Einnahme hohen Blutdruck, ebenso die „Pille“. Vielen Patienten ist gar nicht klar, dass sie sich eventuell mit regelmäßiger Einnahme von Schmerzmitteln mehr Schaden können als mit den möglichen Nebenwirkungen von Blutdrucksenkern, die sie fürchten.

Stressreduktion: Manchmal helfen auch „banale“ Maßnahmen. Entspannung z.B. mit einer kurzen Siesta. Laut einigen Studien reduziert der tägliche Mittagsschlaf (12-15 Minuten, kein Tiefschlaf!) das Risiko für vorzeitigen Herz-Kreislauf-Tod sogar stärker als Ernährungsumstellung, Gewichtsreduktion oder Sport.

Wer ständig mit dem Blutdruckmessgerät Erfolge überprüfen will, wird enttäuscht sein: Oft sind die Effekte der naturheilkundlichen Aktivitäten zunächst kaum messbar (im Bereich von 5-10 mmHg), in der Summe und auf Dauer aber können mehrere zusammen effektiver als die meisten Medikamente sein. Und dann, erst dann, sollte man diese reduzieren. Also seltener messen, häufiger etwas tun gegen Hypertonie 🙂