Kürzlich bekam ich eine Flasche selbst gemachtes Johanniskrautöl geschenkt. Eigentlich hat es Inez, meine Frau, geschenkt bekommen, aber da ich der Verwalter der Hausapotheke bin und sozusagen innerhäuslich das Amt des Gesundheitsministers bekleide (keine Sorge, so spahnend ist das im Allgemeinen nicht), habe ich mich gefreut, als wär’s meines. Heute möchte ich daher etwas Werbung für das Johanniskraut (Hypericum perfoliatum) machen. Vielleicht denken Sie nun sofort an seine antidepressive Wirkung (siehe dazu gerne mehr im PS), mir geht es heute jedoch primär um das Öl.
Wenn man die Blüten des Johanniskrauts zwischen den Fingern zerreibt, verfärben sie sich blutrot. Bei einem Ölauszug über mehrere Wochen entsteht auf gleiche Weise die rote Farbe. Eigentlich! Den leider helfen heute viele Hersteller nach, egal wie natürlich und klösterlich ihr Image ist, sie setzen einen nicht unumstrittenen Farbstoff namens Ponceau zu, in einigen Ländern ist er verboten, in der EU aber zugelassen als E124. Muss denn solche Trickserei sein? Ich habe das Glück, auf verlässliche private Quellen im Bekanntenkreis zurückgreifen zu können. Manchmal findet man gute Qualität auch auf Weihnachts- und Kunsthandwerkermärkten (sofern diese stattfinden). Im Übrigen rate ich bei allen Arzneien und Nahrungsergänzungsmitteln, die sie erwerben: schauen oder fragen Sie, was außer den guten Dingen noch drinnen ist!
Johanniskrautöl alias Rotöl ist ein ausgezeichnetes Wundheilungsmittel, auch nach Verbrennungen, es wirkt ebenso bei stumpfen Verletzungen (Verstauchungen, Verrenkungen, Blutergüssen) und sogar bei rheumatischen Beschwerden und Nervenschmerzen wie Hexenschuss und Gürtelrose hat es sich bewährt. Es hilft bei trockener Haut und Schrunden aller Art, z.B. an Händen und Füßen, und es wirkt vorbeugend gegen verschiedene Ekzeme, die auf trockener Haut leicht(er) entstehen oder florieren – einfach regelmäßig nach dem Duschen in die noch feuchte Haut einmassieren. Rotöl soll allgemein die Hautqualität fördern und sogar gegen verschiedene Wärzchen und Warzen helfen.
Zur Wundheilung kann man es von Kopf bis Fuß einsetzen, und sogar innerlich – wenn es nicht Zusatzstoffe enthält, die das ausschließen. Es hilft bei Reizungen und Wundheilungsstörungen vom Mund bis zum After: Mundwinkelrhagaden und Mundschleimhautentzündungen („Ölziehen“ mit Rotöl), Reizmagen und Gastritis (1 Tee- bis Esslöffel morgens nüchtern), möglicherweise hilft es auch bei Enddarmentzündungen, jedenfalls bei Analfissuren.
Allerdings können die meisten dieser Beschwerden jeweils Symptome von ernsthaften Erkrankungen sein – z.B. sind Mundwinkeleinrisse ein potenzielles Anzeichen von Blutarmut (Anämie). Und bei einer richtigen Gastritis sollte man sich auch nicht ohne Diagnostik nur aufs Rotöl verlassen. Daher muss ich an dieser Stelle ausdrücklich darauf verweisen, die Tipps im Blog nicht als Aufforderung zur Selbstbehandlung zu verstehen, sie haben eher allgemeinen Charakter und ersetzen nicht den Besuch bei Arzt oder Heilpraktiker.
Es gibt ja genug Anwendungen, bei denen Sie das wundervolle Rotöl einmal versuchen könnten, z.B. bei kleineren Schürfwunden oder schlecht heilenden oberflächlichen Wunden (wenn Hund oder Katze gekratzt haben …). Ich finde, es gehört in jede Hausapotheke.
PS zu Johanniskraut als Antidepressivum
Lange von der Schulmedizin belächelt, mittlerweile einigermaßen anerkannt: Wissenschaftlich gut belegt ist, dass Johanniskraut in höheren Dosen bei leichten und mittelschweren Depressionen so gut wirksam ist wie synthetische Antidepressiva, und das bei deutlich geringeren Nebenwirkungen. Wer’s nicht glaubt, kann gerne in internationalen Datenbanken recherchieren, Stichwort „St. John’s Wort“. Dafür dass es so gut hilft, wird es noch zu selten verordnet – und dafür sind die tatsächlichen und vermeintlichen Neben- und Wechselwirkungen viel zu berüchtigt. Wer da wohl dahinter steckt? Tatsächlich macht Johanniskraut lichtempfindlich, daher sollte man massive Sonneneinstrahlung bei Einnahme höherer Dosen vermeiden. Außerdem können Hochdosispräparate auch die Aufnahme anderer Medikamente bzw. Wirkstoffe beeinflussen, Näheres dazu in den jeweiligen Beipackzetteln. Verglichen mit dem Nebenwirkungsspektrum synthetischer Antidepressiva ist das eher harmlos.